Sonntag, 23. Dezember 2012

23. Dezember

Der Engel

Ich bringe das Andere. Jedes Mal, wenn ich über die Schwelle gehe. Jedes Mal, wenn ich in einen Traum trete. Jedes Mal, wenn ich im Gewand eines Anderen sichtbar werde.
Die Meisten erkennen mich nicht. Aber das macht nichts.
Nicht ich bin wichtig, sonderen meine Botschaft. Ich flüstere sie in ihren Schlaf. Ich sage sie ihnen ins Gesicht. Ich lege sie in den Weg. Geduldig bin ich und hartnäckig. Ich trete in ihr Leben. Ich warte auf Einlass in ihr Herz. Manchmal muss ich zweimal anklopfen, drei Mal.
Ich stehe auf der Schwelle. Meine Worte sind:
Du trägst Gott in dir. Erschrick nicht. Gott wird wachsen in dir.
Gib ihm Wohnung und bring das Heilige zur Welt.

Aus: Der Andere Advent

Samstag, 22. Dezember 2012

22. Dezember

Was ich dir zu Weihnachten schenken möchte:

Einen Orgelton wider den finsteren Morgen,
meinen Atem gegen den Eiswind des Tags,
Schneeflocken als Sternverheißung am Abend
und ein Weglicht für den verloren geglaubten Engel,
der uns inmitten der Nacht die Wiedergeburt
der Liebe verkündet.

Christine Busta

Donnerstag, 20. Dezember 2012

20. Dezember

Hingabe

Meistens wird Gott ganz leise Mensch
die Engel singen nicht
die Könige gehen vorbei
die Hirten bleiben bei ihren Herden
Meistens wird Gott ganz leise Mensch
von der Öffentlichkeit unbemerkt,
von den Menschen nicht zur Kenntnis genommen
in einer kleinen Zweizimmerwohnung
in einem Asylantenwohnheim
in einem Krankenzimmer
in der Stunde der Einsamkeit
in der Freude am Geliebten
Meistens wird Gott ganz leise Mensch
wenn Menschen zu Menschen werden

Andrea Schwarz

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Dienstag, 18. Dezember 2012

18. Dezember

Musik deines Geistes

Um gut tanzen zu können - mit dir oder auch sonst,
braucht man nicht zu wissen, wohin der Tanz führt.
Man muss ihm nur folgen,
darauf gestimmt sein,
schwerelos sein,
und vor allem: Man darf sich nicht versteifen.
Man soll dir keine Erklärung abverlangen,
über die Schritte, die du zu tun beliebst,
sondern ganz mit dir eins sein - und lebendig pulsierend
einschwingen in den Takt des Orchesters, den du auf uns überträgst.
Man darf nicht um jeden Preis vorwärtskommen wollen.
Manchmal muss man sich drehen oder seitwärts gehen.
Und man muss auch innehalten können
oder gleiten, anstatt zu marschieren.
Und das alles wären ganz sinnlose Schritte,
wenn die Musik nicht eine Harmonie daraus machte.
Wir aber, wir vergessen sofort die Musik deines Geistes.
Wir haben aus unserem Leben eine Turnübung gemacht.

Madeleine Delbrêl

Montag, 17. Dezember 2012

17. Dezember

Morgenstern

Rezept für einen Tag voller Himmelslicht.
Noch eingehüllt in die wohlige Wärme der Decke,
einen großen Schluck leuchtende Morgensonne gegen das Dunkel der Nacht.
Eine kräftige Prise Fröhlichkeit, ein Lächeln versuchen.
Eine Handvoll Geduld und Nachsicht mit den eigenen Plänen,
dazu ein Hauch Milde und Achtsamkeit als Balsam für die eigene Seele,
ein großer Happen Mut und alles einen Moment wirken lassen - innehalten vor diesem Tag
voll noch unentdeckter Schönheit.
Und dann, mit einem tiefen Atemzug und einem ersten Schritt den Tag öffnen,
neuer Tag, neue Stunde -  mir geschenkt.
Einzunehmem täglich, morgens auf nüchternen Magen. Dosierung: unbegrenzt.
Nebenwirkungene: keine.

Sabine Schaefer-Kehnert

Sonntag, 16. Dezember 2012

3. Advent

Verbotene Vögel
Die politischen Gefangenen in Uruguay durften ohne Erlaubnis nicht reden, auch nicht pfeifen, lächeln, singen, schnell gehen oder andere Gefangene grüßen. Sie durften auch keine Bilder von schwangeren Frauen, Paaren, Schmetterlingen, Sternen oder Vögel bekommen.
Didako Perez war wegen "ideologischer Ideen" eingesperrt. Eines Tages wollte seine fünf Jahre alte Tochter Milay ihn sonntags besuchen und brachte eine selbstgemalte Zeichnung von einem Vogel mit. Die Gefängniswärter zerstörten das Bild am Eingang zum Gefängnis.
Am folgenden Sonntag kam Milay mit einer Zeichnung mit Bäumen. Bäume sind nicht verboten und das Bild kommt durch. Didako lobt die Zeichnung seiner Tochter und fragt dann, was die kleinen farbigen Punkte oben im Baum sind, die man kaum zwischen den Blättern sehen kann: "Sind das Orangen? Was für Früchte sind das?" Das Mädchen hält einen Finger vor ihren Mund und sagt leise: "Psst!". Dann flüstert sie leise in sein Ohr: "Bist du albern? Siehst du nicht, dass das Ausgen sind? Es sind die Augen der Vögel zwischen den Zweigen, die ich für dich hereingeschmuggelt habe!"
Eduardo Galeano

Samstag, 15. Dezember 2012

15. Dezember

Liebes LEBEN

Liebes Leben, fang mich ein,
halt mich an die Erde.
Kann doch, was ich bin, nur sein,
wenn ich es auch werde.
Gib mir Tränen, gib mir Mut,
und vor allem mehr.
Mach mich böse, mach mich gut,
nur nie ungefähr.
Liebes Leben, abgemacht?
Darfst mir nicht verfliegen.
Hab noch so viel Mitternacht
sprachlos vor mir liegen.

Rainer Maria Rilke

Freitag, 14. Dezember 2012

14. Dezember

Warum also sollte ich mir Sorgen machen?
Es ist nicht meine Angelegenheit,
an mich zu denken.
Meine Angelegenheit ist es,
an Gott zu denken,
Es ist Gottes Sache, an mich zu denken

Simone Weil

Donnerstag, 13. Dezember 2012

13. Dezember

Leise
tritt es
über deine Schwelle
das Licht,
blüht die Farben
einer neuen Zeit
auf die Wände,
verwandelt
den Staub deiner Tage
zu Gold
mit seinem leichten Schritt
und legt um deine Ängste,
deine Zweifel
warm seinen Mantel:
Fürchte dich nicht!

Isabella Schneider

Mittwoch, 12. Dezember 2012

12. Dezember

Lieber Gott,
bis jetzt geht's mir gut. Ich habe noch nicht getratscht, die Beherrschung verloren, war noch nicht muffelig, gehässig, egoistisch oder zügellos.
Ich habe noch nicht gejammert, geklagt, geflucht oder Schokolade gegessen. Die Kreditkarte habe
ich auch noch nicht belastet. Aber in etwa einer Minute werde ich aus dem Bett klettern
und dann brauche ich wirklich deine Hilfe ...

Verfasser unbekannt

Dienstag, 11. Dezember 2012

11. Dezember

Das Tagesgeschenk

Stell dir vor, jeden Morgen stellt dir eine Bank 86 400 Euro
auf deinem Konto zur Verfügung. Du kannst den gesamten
Betrag an einem Tag ausgeben. Allerdings kannst du nichts
sparen, was du nicht ausgegeben hast, verfällt. Aber jeden
Morgen, wenn du aufwachst, eröffnet dir die Bank ein neues
Konto mit neuen 86 400 Euro für den kommenden Tag.
Außerdem kann die Bank das Konto jederzeit ohne Vorwarnung
schließen. Sie kann sagen: Das Spiel ist aus.
Was würdest du tun?
Dieses Spiel ist Realität. Jeder von uns hat so eine magische Bank:
die Zeit. Jeden Morgen bekommen wir 86 400 Sekunden Leben
für den Tag geschenkt. Was wir an diesem Tag nicht gelebt haben,
ist verloren, für immer verloren. Aber jeden Morgen beginnt
sich das Konto neu zu füllen.
Was also machst du mit deinen täglichen 86 400 Sekunden?

Marc Levy

Montag, 10. Dezember 2012

10. Dezember

Weinend
sagte Franziskus eines Tages zum Herrn:
Ich liebe die Sonne
und die Sterne.
Ich liebe Klara
und ihre Schwestern.
Ich liebe das Herz der Menschen
und alle schönen Dinge.
Herr, du musst mir verzeihen,
dennn nur dich sollte ich lieben.

Lächelnd
antwortete der Herr.
Ich liebe die Sonne
und die Sterne
Ich liebe Klara
und ihre Schwestern.
Ich liebe das Herz der Menschen
und alle schönen Dinge.
Mein Franziskus, du musst nicht traurig sein,
denn das alles liebe auch ich.

Ein Volkslied aus Umbrien

Sonntag, 9. Dezember 2012

2. Advent

Unterbrechung

Du sollst dich selbst unterbrechen.

Zwischen
Arbeiten und Konsumieren
soll Stille sein und Freude,
dem Gruß des Engels zu lauschen:
Fürchte dich nicht!

Zwischen
Aufräumen und Vorbereiten
sollst du es in dir singen hören;
das alte Lied der Sehnsucht:
Maranata, komm Gott, komm!

Zwischen
Wegschaffen und Vorplanen
sollst du dich erinnern
an den ersten Schöpfungsmorgen,
deinen und aller Anfang,
als die Sonne aufging,
ohne Zweck
und du nicht berechnet wurdest
in der Zeit,
die niemandem gehört
außer dem Ewigen

Dorothee Sölle

Samstag, 8. Dezember 2012

8. Dezember

Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,
du mein tieftiefes Leben;
dass du weißt, was der Wind dir will,
eh noch die Birken beben.

Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
lass deine Sinne besiegen.
Jedem Hauche gib dich, gib dich,
er wird dich lieben und wiegen.

Und dann meine Seele sei weit, sei weit,
dass dir das Leben gelinge,
breite dich wie ein Feierkleid
über die sinnenden Dinge.

Rainer Maria Rilke

Freitag, 7. Dezember 2012

7. Dezember

Ans LICHT

Sag deiner Seele
Sie soll ihr schönstes Kleid tragen heut Abend.
Sag ihr, es ist soweit.
Die Sterne haben ihren Segen gegeben.
Was nun geschieht,
führt näher ans Licht.

Hans Kruppa

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Mitmachen und gewinnen

In der Weihnachts-/Adventszeit darf für mich nicht fehlen ..., weil ...

Weihnachtsverlosung

Ich dachte mir, da ich ein Mensch bin, der anderen gern eine Freude macht, dass ich hier eine kleine Weihnachtsverlosung veranstalte.
Zu gewinnen gibt es entweder eine selbstgenähte Tasche, Eule oder Utensilo. Das darf sich der Gewinner oder die Gewinnerin dann raussuchen.
Die Teilnahmebedingung liegt darin, dass ihr in einem gesonderten Post als Kommentar aufschreibt, was für euch in der Weihnachts-/Adventszeit nicht fehlen darf und warum. Alle, die mitmachen, schreibe ich mir dann auf kleine Lose und ziehe eins davon.
Teilnahmeschluss ist der 20. Dezember.
Ich freue mich auf eure Kommentare.

6. Dezember

Eigentlich
könnte es uns egal sein
dass einst der bischof
einer hungernden hafenstadt
kinder mit essen versorgte
aber es ist die erinnerung an 
ängste und träume
schiffe und sehnsucht
beten und wunder
die uns diese geschichte
gerade im advent
nächtens und liebevoll
vor die tür und in die schuhe schiebt
Hinrich G. Westphal


Mittwoch, 5. Dezember 2012

5. Dezember


www.stiftundpapier.de

Wer noch kein Weihnachtsgeschenke für kleine aber auch große Mädchen hat, sollte einmal auf dieser Seite vorbeischauen. Liebevoll gezeichnete Kalender für das Jahr 2013.
 

Dienstag, 4. Dezember 2012

Barbarazweig

Ihr Leben schien vorbestimmt. Im dritten Jahrhundert als Tochter eines reichen Kaufmanns geboren, sollte Barbara einen Mann aus angesehenem Haus heiraten. Damit sich zuvor niemand in ihre Schönheit verliebt, schloss sie ihr Vater, wenn er auf Reisen ging, in einem Turm. Auch wird berichtet, dass ihr Vater versuchte, sie vom Christentum fernzuhalten. Das gelang ihm jedoch nicht. Sie tauschte Briefe mit einem Schüler des christlichen Lehrers Origines, der sie schließlich als Arzt verkleidet, taufte. Ihr Vater tobte, als er davon erfuhr, ließ sie verprügeln, foltern, aber Barbara blieb fest. Sie wollte Christin werden. Schließlich wurde sie zum Tode verurteilt. Auf dem Weg ins Gefängnis verfing sich ein trockener Zweig in ihrem Kleid. Sie stellte ihn in ihr Trinkgefäß. Am Tag ihrer Hinrichtung blühte er.
Obwohl es nur Legenden über Barbara gibt, lebt die Geschichte dieser standhaften Frau noch heute. Ihr Name wurde Programm: Barbara bedeutet "die Fremde, die Wilde, die Andere".
 aus: "Ach! Das kleine Buch vom großen Staunen"

Am 4. Dezember, ihrem Todestag, holen viele Menschen Barabarzweige ins Haus. "Geh in den Garten am Barbaratag. Gehe zum kahlen Kirschbaum und sag: "Kurz ist der Tag, lang ist die Zeit. Der Winter beginnt. Der Frühling ist weit... Baum, einen Zweig gib du mir von dir. Ist er auch kahl, ich nehm ihn mit mir. Und er wird blühen in seliger Pracht. Mitten im Winter in der heiligen Nacht."
(Josef Guggenmos)

4. Dezember

Der NEIN Engel

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein NEIN.

Ein Kämpferengel, der gerade geht,
der sicher auf beiden Füßen steht.
Ein trotziger Engel hell wie der Tag.
Einer, der offene Worte mag.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein NEIN.

Ein NEIN, das heißt ja etwas wagen.
Das nicht zu tun, was alle sagen,
ist schwer, viel schwerer als zu nicken,
sich einzufügen und zu schicken.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns Mut macht für ein NEIN.

Jutta Richter

Montag, 3. Dezember 2012

3. Dezember

Sehnsucht

Wenn du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht die Leute zusammen,
um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben
und die Arbeit einzuteilen, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht
nach dem weiten, endlosen Meer.

 Antoine de Saint-Exupery




Sonntag, 2. Dezember 2012

1. Advent

Verkündigung

An diesem Morgen, an einem Tag wie jedem anderen, steht jemand
in ihrer Tür, den sie noch nie gesehen hat. Und bevor sie nachdenken,
fragen, rufen kann, hört sie. MARIA. Gott braucht dich. Du wirst
schwanger. Das Kind soll Jesus heißen. Es wird die Welt verändern,
und man wird es Sohn Gottes nennen.

Sie hört den Wind draußen, die Schritte auf der Straße, alles geht weiter,
aber: Ihre Zeit steht still.

Schwanger, hallt es in ihrem Kopf. Wieso schwanger, das geht nicht, das
geht doch gar nicht. Wieso ich, will sie einwenden. Sohn Gottes,
was heißt das denn, das kann ich nicht. Alles gerät durcheinander,
nein, will sie rufen, nein, aber sie tut es nicht, sie sieht das Licht,
dieses warme Licht, und auf einmal hat sie keine Angst mehr.
Die Kraft deines Gottes wird in dir sein, sagt der andere.
Und sie antwortet: JA. Nichts anderes. Nur ja.

Nach Lukas, Kapitel 1, Verse 26-38

Aus: "Ach! Das kleine Buch vom großen Staunen.

Samstag, 1. Dezember 2012

1. Dezember

Advent vielleicht

Das wäre schön auf etwas hoffen zu können
was das Leben lichter macht und leichter das Herz
das gebrochene ängstliche
und dann den Mut haben die Türen weit aufzumachen
und die Ohren und die Augen und auch den Mund
nicht länger verschließen
das wäre schön
wenn am Horizont Schiffe auftauchten
eins nach dem anderen
beladen mit Hoffnungsbrot bis an den Rand
das mehr wird immer mehr
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das wäre schön
wenn Gott nicht aufhörte zu träumen in uns
vom vollen Leben einer Zukunft für alle
und wenn dann der Himmel aufreißen würde ganz plötzlich
neue Wege sich auftun hinter dem Horizont
das wäre schön

Carola Moosbach