Donnerstag, 24. November 2016

Augen auf


 An meinen Sohn kann ich mich gerade nicht satt sehen. Ich liebe es ihn zu betrachten, wenn er schläft, ganz friedlich und sorglos. Manchmal lächelt er im Schlaf, ein Lächeln, dass seine tiefste Zufriedenheit ausdrückt. Ich liebe es ihn zu beobachten, wenn er auf Entdeckungstour geht. Und meine Augen strahlen dann vor Glück, Freude und Stolz über dieses kleine Wesen, das uns Gott geschenkt hat.
Genauso stelle ich es mir vor, wenn Gott uns Menschen betrachtet. Er sieht dich. Er sieht mich. Er hat uns schon gesehen als wir noch nicht da waren. (Als ich gerade erst entstand, hast du mich schon gesehen. Psalm 139,16) Der Blick Gottes beinhaltet immer Liebe. Er hat jeden einzelnen Menschen, den er geschaffen hat, ins Leben geliebt. Jeder einzelne ist für ihn wichtig und wertvoll. Er übersieht keinen von uns.
Die Frage ist, unter welchem Blick ich lebe. Lebe ich unter dem Blick Gottes, der mir Würde verleiht oder lebe ich unter den Blick der Menschen, der nicht nur wohlwollend ist (als Baby hat man es leicht), sondern bewertet, kontrolliert und mitunter ignoriert.
In mir ist ein tiefes Bedürfnis gesehen und beachtet zu werden. Ich sehne mich danach, dass ich anerkannt bin. Doch das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung kann nicht gestillt werden, wenn ich unter dem Blick der Welt lebe, denn die Anerkennung und Wertschätzung von den Menschen ist meistens abhängig von meiner Leistung. Gott ist auch stolz auf mich, ohne dass ich etwas besonderes geleistet habe. Er freut sich an mich, einfach weil ich bin, wie ich bin. Er wollte mich genauso, wie ich bin. Nicht anders. Dafür hat er andere Menschen geschaffen. Ich muss keine Kopie von jemand anderem werden, sondern ich will als das Original leben, das sich Gott ausgedacht hat, denn er hat mich wunderbar und einzigartig geschaffen (Psalm 139,14)
Mir fällt es aber schwer mich von den Blicken der Menschen und ihrer Anerkennung freizumachen. Ich liebe es gelobt zu werden. Ich liebe es, wenn jemand stolz auf mich ist. Aber vielleicht ist es nicht so wichtig, davon frei zu werden, sondern wichtiger ist es, dass ich meinen Wert nicht davon abhängig mache. Ich denke, dass das der Knackpunkt ist. Unabhängig von den Blicken der Menschen kann ich aber nur werden, wenn ich mich mehr den Blick meines himmlischen Vaters aussetze. Als Jesus seinen Jüngern lehrte, wie sie beten sollen, war es ihm besonders wichtig, dass sie sich zurückziehen in ihre Kammer. "Wenn du aber betest, so geh in deine Kammer, und nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist! Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird vergelten." Matthäus 6,6
Warum ist es Gott so wichtig, dass wir hinter verschlossenen Türen beten sollen? Nur an einem Ort, wo wir allein mit unserem himmlischen Vater sind, sind wir nicht dem Blick der Menschen ausgetzt. An diesem Ort liegt allein der Blick Gottes auf mir. Je mehr ich Zeit mit Gott verbringe, umso mehr kann mein Leben und mein Tun von seinem Blick geprägt sein. Und wenn ich mein Leben unter dem Blick Gottes lebe, spiegelt sich das in meinen Augen wieder. Ich werde ihm ähnlicher und kann etwas von seiner Liebe zu den Menschen als Bote Gottes weitergeben.